Sonntag, 29. März 2009

Wenn Deutschland Dänemark wäre,

dann gäbe es mit Sicherheit mehr so wunderbare kleine Imbissläden der Art, wie ich ihn heute in der Golzstraße in Schöneberg entdeckte. Der Hot Dog Laden verkauft Hotdogs, Hotdogs und Hotdogs. Mit Chili und Mais, mit Kraut, französisch, vegetarisch und mit Käse. Aber natürlich auch klassisch dänisch: Würstchen, Zwiebel (geröstet und frisch), süß-saure Gurken und Remouladensauce. Hunger hatte ich zwar keinen, aber dem Ruf des langen Brötchens konnte ich diesmal nicht widerstehen.

Hot Dog auf dänische ArtAchtung Kleckergefahr: Hot Dogs nach dänischer Art

Wie so oft steckt wohl wieder eine Kindheitserinnerung dahinter: in der Fürther Fußgängerzone gab es vor Jahren einen kleinen Straßenverkauf, wo ein stets ausgesprochen mürrischer Schnauzbartträger Hot Dogs über die Theke reichte. Diesem Mann gab ich über lange Zeit einen Großteil meines mickrigen Taschengelds, damit er mir köstliche Weichbrötchen mit Wurstfüllung, Röstzwiebeln und scharfer Soße aushändigte. Doch das ist Geschichte. Zuletzt kostete ich die unerhebliche Massenware vom blaugelben Möbelhaus, die Heißen Hunde im Dänemarkurlaub blieben nach meiner jetzigen Erinnerung deutlich hinterm dortigen Smørrebrød zurück. Der Schöneberger Hot Dog aber ist ein echter Volltreffer - frisch, liebevoll zusammengestellt und vollmundig-soßig. Viermal happs gemacht, weg war er. Wasabi war ein bisschen fassungslos über meinen Appetit auf das Zeug.

Sie hatte die leckere Burger-/Döner-/Currywurst-Alternative nur für das Foto gehalten (wollte ja keinen eigenen, trotz mehrmaliger Nachfrage). Pech, kann ich da nur sagen. Die Wiener sind übrigens aus Neulandfleisch, damit zwar nicht so rosa wie die Pølser unserer skandinavischen Nachbarn, aber vermutlich ein bisschen gesünder. Zumindest vor dessen Ableben für das tote Schwein, das im Würstchen steckt, vertraut man den Neuland-Erzeugern.

2,20 Euro kostete mein Imbiss und während ich diese Zeilen tippe, schmecke ich noch immer eine Ahnung von Mayonaise und Zwiebel auf der Zunge. Wenn ich den Buchläden in der Winterfeldstraße demnächst einen Besuch abstatte, wird ein Abstecher in die Golzstraße 15 wohl unvermeidbar sein.

Der Hot Dog Laden, Berlin SchönebergGelb wie Remoulade, rot wie Wiener Würstchen: ein Hot Dog-Imbiss zum Anbeißen.

Montag, 9. März 2009

Schlittenhunde müssen draußen bleiben



Vor ein paar Wochen gabs ein bißchen was zu feiern, und so nutzten GutesEssen und ich die Gelegenheit, zum ersten Mal seit längerer Zeit mal wieder etwas ausgedehnter zu tafeln. In den letzten Monaten hatten wir uns sowas nämlich gar nicht mehr gegönnt, was wohl einer Kombination aus Minusgraden, Erkältungen und ganz allgemein dem Wunsch, das heimische Sofa nicht zu verlassen, geschuldet war.

Über das Nansen (ohne Webseite) am Maybachufer 39, am Anfang der Nansenstraße im jetzt ja totaaaal angesagten Nord-Neukölln, einer Neueröffnung des Jahres 2008, gab es in der Berliner Gastropresse schon einiges Gutes zu lesen. Vor allem die täglich wechselnde Karte und dass der Koch auch vor Innereien nicht zurückschreckt, ließen uns aufhorchen. Natürlich nicht nur uns – zumindest am Samstag sollte man vorsichtshalber reservieren. Das hatten wir am Freitag versäumt, enterten daher das Lokal, das um 18.00 Uhr öffnet, vorsichtshalber schon eine halbe Stunde später und hatten noch fast freie Auswahl in dem kahlen, aber schummerig beleuchteten Raum rechts des Eingangs. Der Bereich links vor der Bar wird anscheinend als nicht ganz regelkonformer Raucherbereich genutzt. Eine Abtrennung gibt es zwar nicht, aber der Rauch zieht glücklicherweise fast gar nicht in den Restaurantteil rüber.

Die freundliche Bedienung brachte die Speisekarte – ein per Hand beschriftetes und fotokopiertes DinA4-Blatt mit zwei Vorspeisen, einer Suppe, fünf Hauptgerichten und zwei Desserts – und die Getränkekarte, eine fast quadratische, schon ziemlich lädierte Klappkarte mit eingelegten losen Blättern. Die Getränke haben angenehm niedrige Preise: ein kleines Bier kostet 1,90, eine kleine Apfelschorle 1,60. Außer den üblichen Verdächtigen gibt es auch noch eine schöne Cocktailauswahl (um die 6 Euro). Auf die kleine Weinkarte warf ich nur einen ganz kurzen Blick, sie enthält nur sehr spärliche Informationen zu den Weinen, die fast alle auch glasweise zu haben sind und kann daher mit den Maßstäben, die vom Essen vorgegeben werden, nicht ganz mithalten.
Die Bestellung des Essens erforderte trotz der kleinen Auswahl etwas längere Bedenkzeit - Gänserillete oder Tintenfisch als Vorspeise? Und dann vegetarisch (Gebackene Rote Bete, Buchweizenpfannkuchen und noch etwas), oder Wild (Frischlingskeule) oder Kalbsleber, oder Fisch oder Geflügel? Die Bestellung des Desserts (Sorbet oder Zitronenpannacotta) verschoben wir vorsichtshalber auf später.

Nach der Bestellung kam sehr schnell ein Brotkorb und etwas Kräutercreme, und dann sehr bald auch die Vorspeise, gefüllte Tintenfischtuben mit warmen Blumenkohlsalat (7,80). Tintenfisch und Blumenkohl harmonierten sehr gut miteinander: die Tintenfischkörper mit ihrer milden, buttrigen Semmelbröselfüllung waren leicht angebraten worden und lagen in Scheiben geschnitten lauwarm auf dem Teller, die ankaramelisierten Blumenkohlröschen wurden von einer süß-saueren Soße mit körnigem Senf begleitet.

Währenddessen hatte sich das Lokal ganz gut gefüllt und die zwei Personen-Besatzung (ein Getränkezapfer und die Bedienung) hatte zunehmend Schwierigkeiten, mit den Bestellungen fertigzuwerden. Folgerichtig wurde mir beim Abtragen des leeren Vorspeisentellers auch das Besteck wieder in die Hand gedrückt, zur gefälligen Weiterbenutzung beim Hauptgang. Klar, neues Besteck wäre nochmal ein Weg hin-zurück gewesen, außerdem sterbe ich nicht, wenn ich mein Tintenfischmesser auch für die Leber benutzen muss (ja, es wäre sogar noch genügend Zeit gewesen, das Messer vor dem Hauptgang sauber zu lecken) - aber diese Gewohnheit (die des Besteck-Weiterbenutzens, nicht die des Messerableckens!) erinnert mich doch sehr an WG-Küche oder Familientisch, wenn kein Geschirrspüler vorhanden ist.

Nichtsdestotrotz waren die Hauptgerichte wunderbar. Gutesessens rosa gebratene Frischlingskeule (17,50) war eine Riesenportion, das Fleisch sehr ausdrucksstark mit Pfeffer und Sternanis gewürzt, dazu gabs Quittenchutney (auch mit Sternanis), Serviettenknödel und angeschmorten Radicchio mit dezidierter Bitternote. Meine Milchskalbsleber (15,20) kam in zwei Stücken - einem großen, flachen und einem ebenfalls großen, dicken - die dennoch beide genau richtig innen leicht rosa, außen leicht gebräunt waren. Gerade bei dem dicken Stück war ich zunächst etwas skeptisch, da nach meiner Erfahrung aus der heimischen Küche gebratene Kalbsleber höchstens 7mm dick sein darf, um noch einen angenehmen Biß zu haben. Aber Milchkalbsleber ist offensichtlich ein anderer Fall, bzw. hat das Nansen einfach einen besseren Kalbsleberlieferanten als ich. Zur Leber gab fast klassische Beilagen - nicht weiter bemerkenswerte Polentaschnitten, gedünstete Birnen und statt Zwiebelringen fritierten Lauch. Letzterer kam, da in der Küche vergessen, allerdings erst auf Nachfrage auf einem Extrateller.

Die Bestellung der Zitronenpanacotta (4,80) gegen 20.00 Uhr gestaltete sich dann etwas schwierig. Zwar galoppelte inzwischen eine weitere Bedienung durch den jetzt gut gefüllten Raum, die Aufmerksamkeit der Damen auf uns zu lenken gelang aber erst nach mehreren Anläufen. Da sich die Hektik der hart arbeitenden, hin- und hereilenden Servierdamen schließlich auch auf uns übertrug, verzichteten wir auf weitere Getränkewünsche, erkämpften nach der Pannacotta (erinnerte überraschend aber nicht uninteressant an Käsekuchenfüllung) die Rechnung und verließen mit dem Essen sehr zufrieden, aber leicht erschöpft das Lokal. Fazit: Wegen des Essens würde ich wieder hingehen, aber dann an einem Wochentag in der Hoffnung, dass die Atmosphäre etwas entspannter ist.

Montag, 2. März 2009

Wo man in Berlin essen sollte - und wo besser nicht

Oder präziser: Wo man in den vergangenen Monaten besser nicht gegessen hätte, das kann man seit heute zumindest für den Bezirk Pankow (zu dem auch Prenzlauer Berg gehört) ganz genau wissen. Das Lebensmittelaufsichtsamt Pankow stellt hier eine Liste der Gaststätten und Lebensmittelbetriebe zum Download bereit, bei denen gravierende Verstöße gegen Hygienevorschriften festgestellt wurden - mit allen ekeligen Details.

Kommentator Ulrich Paul findet in der Berliner Zeitung dieses Vorgehen des Bezirks überzogen - "Mehr Sicherheit gewinnen die Verbraucher damit nicht.", schreibt er. "Womöglich meiden sie sogar ein inzwischen aufgeräumtes Restaurant wegen des Internet-Hinweises und setzen sich dafür in ein anderes Lokal, das noch viel schlimmer verdreckt ist, aber noch nicht kontrolliert wurde."
Das ist wohl wahr - so eine Liste kann natürlich nie den Ist-Zustand in einem Lokal abbilden, und noch weniger Prognosen für die Zukunft abgeben. Aus der heimischen Küche weiß man ja, dass der Kampf gegen den Schmutz beständig geführt werden muss. "Bei denen da drüben siehts aber noch schlimmer aus, nur hat das gerade zufällig niemand gesehen!" ist allerdings kein Argument, das gegen die Veröffentlichung von Dreckschweinen spricht, sondern eher dafür, noch mehr zu kontrollieren als bisher.

Wie man liest, rüstet sich der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband schon für eine Klage. Wieso die Beschränkung auf nur einen Bezirk für die Dehoga laut Tagesspiegel eine "Wettbewerbsverzerrung" zu Ungunsten Pankower Betriebe bedeutet, erschließt sich mir nicht - weil der naive Lokalbesucher nun annehmen könnte, dass es nur in Pankow schmutzige Lokale gibt und lieber gleich nach Charlottenburg ausweicht? Überhaupt wehrt sich der Verband laut Tagesspiegel-Artikel auch mit Händen und Füßen gegen die Pankower Positivliste, auf die sich Betriebe setzen lassen können, die alle Vorschriften einhalten, da "ein Qualitätssiegel keine Aufgabe der Politik" sei. Na gut, und warum hat der Gaststättenverband dann nicht schon längst ein eigenes Qualitätssiegel mit transparenten Kriterien ins Leben gerufen? Immerhin haben wohl eine Menge Pankower Gastronomen den Werbewert des "Hygiene-Smileys" schon erkannt, laut aktueller Positiv-Liste (auch hier zu finden) gibt es derzeit etwa 60 Bewerber für diese Kennzeichnung.